In den letzten Wochen sprachen Islamisten in Syrien eine Fatwa, ein islamisch religiöses Gutachten, aus, indem sie die Tötung, die Plünderung und die Vergewaltigung von allen Kurden in Syrien erlaubten, dem Termini der Islamisten zufolge also „helal“ sei. Die Vergewaltigung und Ermordung von Kindern und Frauen eingeschlossen.

Zurecht zeigte sich die kurdische Bevölkerung jeglicher Religionszugehörigkeit entsetzt und verurteilte die Fatwa als menschenverachtend. Kurdisch-islamische Gelehrte verurteilten die Fatwa ebenfalls zurecht, so etwa Mela Abass Mûrad und der Gelehrte Sirac Muhammed.

Vielleicht erlaubt diese Gelegenheit der kurdisch-muslimischen Bevölkerung sich das Leid der Êzîden in den vergangenen und auch in der heutigen Zeit vorzustellen, die seit Jahrhunderten mit derartigen Fatwas leben mussten. Solche Fatwas wurden auch von kurdischen Islamgelehrten gegen die Êzîden ausgesprochen. So in etwa in Zaxo im Jahr 2011 nach dem Freitagsgebet, wobei ca. 500 kurdisch-muslimische Jugendliche sich auf die Jagd nach êzîdîschen und christlichen Geschäften machten. Oder der kurdische Imam der Stadt Aqra, Mullah Farzanda Mizurri, der sagte:

„Man darf keinen von den Yeziden am Leben lassen, weil deren Tod Halal ist. Deren Ermordung ist Halal (= religiöse erlaubte Tat). … Sie dürfen sich nie wieder freuen. … Es wird kein Tag vergehen, ohne dass einige von denen getötet werden. Ich schwöre bei Allah, sie werden keinen Frieden mehr in diesem Kurdistan finden.“

Unser Verweis auf diese Fatwas haben nicht zum Ziel, einen Keil zwischen Êzîden und muslimischen Kurden zu treiben. Vielmehr haben wir die Hoffnung, dass die kurdischen Muslime die Êzîden in ihrem Leid und den daraus resultierenden Folgen verstehen können. Dass es Êzîden gibt, die sich nicht als Kurden bezeichnen, ist z.B. eine dieser Folgen. Wir verlangen nicht, es zu akzeptieren, wer aber entsetzt über die Fatwa der Terroristen in Syrien gegen die Kurden war, wird sich ansatzweise vorstellen können, wie es den Êzîden erging.

Es geht daher vor allem um Aussöhnung, um Verständnis und gegenseitiges Mitgefühl. So und nur so lässt sich ein Konsens sowohl innerhalb der êzîdîschen als auch der kurdischen Gesellschaft mit ihrer eigenen Geschichte herstellen.

êzîdîPress, 24.08.2013