HPŞ-Oberkommandeur Heydar Shesho
HPŞ-Oberkommandeur Heydar Shesho

[L]alish. Nachdem der Oberbefehlshaber der Verteidigungskraft Shingals (HPŞ), Heydar Shesho, gestern Morgen nach acht Tagen aus der Haft entlassen wurde, drängten sich Fragen zur weiteren Zukunft der Einheit sowie zu den Umständen seiner Entlassung auf. Die kurdische PDK-Regierung unter Mesud Barzani stellte zuvor eine Reihe von Forderungen, die Heydar Shesho erfüllen sollte. Diese sahen unter anderem eine Auflösung der HPŞ sowie den Verzicht auf die Widerstandsflagge der Êzîden vor.

In einem Interview mit ÊP-Korrespondent Ahmed Shingaly ist der HPŞ-Oberkommandeur auf diese und andere Fragen eingegangen. Zunächst dankte Heydar Shesho für die Unterstützung, die er während seiner Haft aus der Diaspora und in der Heimat erfahren hatte.

Sowohl die HPŞ als auch die Widerstandsflagge werden bestehen bleiben: „Die Verteidigungskraft Shingals (HPŞ) wird weiterhin bestehen bleiben. […] Solange ich lebe, wird diese Einheit existieren und solange auch nur zwei Êzîden bereit sind, werden wir im Namen dieser Einheit uns und unsere Heimat verteidigen“, erklärt Heydar Shesho. Nachdem dutzende êzîdîsche Kämpfer im Namen dieser Einheit gefallen sind, sei eine Debatte um die Auflösung dieser Einheit indiskutabel.

„Auch für unsere Flagge Êzîdxans (traditionelle Siedlungsgebiete der Êzîden; Anm. d. Red.) haben wir dutzende Opfer gebracht, darüber werden wir nicht verhandeln. […] Und ich sage es erneut: Das Leichentuch Heydar Shesho´s wird die Flagge Êzîdxans sein“, erklärt der Oberkommandeur weiter. Die Flagge sei eine spezifisch êzîdîsche Flagge, unter der die Êzîden in Shingal ihren Widerstand leisten und die auch für ihre Religion steht. Die Flagge Kurdistans sei auch für sie „eine Ehre“, wie Shesho während einer Pressekonferenz in Silemaniya mitteilte. Dennoch sei die Flagge Êzîdxans eine „spezifisch êzîdîsche“, unter der die HPŞ in Shingal ihren Kampf führt.

In Silemaniya erklärte er weiter, dass die HPŞ nun dem Peshmerga-Ministerium untersteht. Monatelang forderte Heydar Shesho, dass die HPŞ vom Peshmerga-Ministerium anerkannt und unterstützt wird. Dies scheiterte jedoch trotz intensiver Gespräche auch mit Mesrour Barzanî daran, weil die PDK verlangte, die Kämpfer müssten sich den PDK-Peshmerga unterwerfen. Eine weitere, inoffizielle Forderungen der PDK. Dieser Forderung wurde ebenfalls nicht nachgekommen.

Der Oberbefehl bleibt wie bisher bei Heydar Shesho. Er selbst ist Mitglied im Innenausschuss der PUK, die sich besonders für seine Freilassung eingesetzt hatte. Die bisherige Vereinbarung zwischen der Verteidigungskraft Shingals HPŞ und der irakischen Regierung wird eingestellt. Rund 1.000 Kämpfer der 3.200 Mann starken HPŞ bezogen bisher finanzielle und militärische Unterstützung aus Bagdad. Den Kämpfern der HPŞ stehe es nun frei, sich bei dem Peshmerga-Ministerium registrieren zu lassen oder unabhängig zu bleiben. Bisher seien rund 50% der Kämpfer bei dem Peshmerga-Ministerium registriert worden, erklärte Shesho. Diesen Schritt empfiehlt der HPŞ-Oberkommandeur auch den restlichen Kämpfern.  Die HPŞ sei eine Einheit Kurdistans, die Kämpfer ebenso Peshmerga, die die Region Shingal verteidigen, führte Shesho in Silemaniya fort.

Das von der PDK geforderte militärische und politische Betätigungsverbot wird ebenso nicht umgesetzt. Auch die Forderungen, den Irak zu verlassen, wies er zurück: „Solange Shingal und die anderen Gebiete der Êzîden nicht befreit sind, werde ich den Irak nicht verlassen. […] Solange die Êzîden nicht in ihre Region zurückgekehrt sind, werde ich weder meine militärischen Aktivitäten innerhalb der HPŞ noch meine politische Arbeit einstellen. […]“, führt Shesho fort.

Die HPŞ wurde Anfang August 2014 ins Leben gerufen als die Terrormiliz „Islamischer Staat“ das Hauptsiedlungsgebiet der Êzîden Shingal im Nord-Irak überrannte und einen Völkermord verübte. Die zur Verteidigung der Êzîden stationierten rund 10.000 Peshmerga flüchteten und überließen die Zivilisten ihrem Schicksal. Êzîdîsche Freiwillige bewaffneten sich und verteidigten monatelang an der Seite von PKK und YPG-Kämpfern die im Gebirge verbliebenen Zivilisten. Am 17. Dezember 2014 begannen die Peshmerga schließlich mit einer Großoffensive und konnten den Belagerungsring des IS durchbrechen.

Während der Haft sei er nicht schlecht behandelt worden. Doch man habe ihn in den ersten Tagen mit IS-Unterstützern in eine Zelle gesteckt, erklärte Heydar Shesho in dem Interview.

© ÊzîdîPress, 14. April 2015