Terroristen des "Islamischen Staates" (IS) in einem Propagandavideo
Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) in einem Propagandavideo

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[S]hingal. In der nordirakischen Stadt Tal Afar, einer Hochburg der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) westlich von Mosul, werden seit August vergangenen Jahres mehrere Hundert ÊzîdInnen festgehalten. Nachdem in den vergangenen Tagen aufgrund der intensivierten Kämpfe dutzende Frauen, Kinder und teilweise auch Männer fliehen konnten, droht die Terrormiliz dort nun offenbar mit einem Massaker an den männlichen Gefangenen.

Wie ein Augenzeuge gegenüber dem êzîdîschen Politiker und ehemaligem Berater des irakischen Staatspräsidenten Dr. Mîrza Dinnayî mitteilt, hat die Terrormiliz aufgrund der vermehrten Flucht der Geiseln seit gestern ca. 500 Männer und Jungen vom Rest der Gefangenen separiert. Ein Informant bestätigte diese Angaben telefonisch gegenüber ÊzîdîPress. Die Männer sollen demnach in die Ortschaft von Cino in Tal Afar gebracht worden sein. Ein weiterer Aktivist erklärte, dass die IS-Terroristen alle Jungen ab 14 Jahren in Tal Afar von den Frauen und Mädchen separierten. Familien der Betroffenen bestätigten die Informationen. Ein Kontakt ist jedoch seit gestern nicht mehr möglich.

Die Frauen und Mädchen, mehrere Hundert, sollen den Angaben zufolge vermutlich nach Syrien oder Mosul verschleppt werden, in vom IS stärker kontrolliertes Gebiet, um weitere Fluchten zu verhindern.

Am Tag zuvor brachte man die Gefangenen in eine lokale Schule in Tal Afar. In derselben Schule wurden bereits mehrere hundert ÊzîdInnen gefangen gehalten, wie befreite Frauen und Mädchen berichteten. Weitere IS-Terroristen aus Mosul sollen nach Tal Afar gekommen sein, offensichtlich um die Verschleppungen bzw. Massaker zu vollstrecken.

Êzîdîsche Verantwortliche rufen daher die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf, um ein Massaker wie im Dorf Kocho zu verhindern. In Kocho massakrierte die Terrormiliz IS Mitte August 2014 über 500 Êzîden und entführte über 1.000 Frauen und Kinder.

Tagelang umstellten die IS-Terroristen das Dorf und setzten den Bewohnern von Koch ein Ultimatum, innerhalb dessen sie konvertieren sollten. Überlebende des Massakers berichten, dass trotz der Anwesenheit von bewaffneten Helikoptern über dem Dorf kein Angriff erfolgte. Vermutlich um zivile Opfer zu vermeiden. Wenig später waren über 500 Männer tot. Ein ähnliches Schicksal wird nun auch in Tal Afar befürchtet.

Am 3. August 2014 überrannte die Terrormiliz IS das Hauptsiedlungsgebiet der Êzîden Shingal im Nord-Irak und verübten an der Zivilbevölkerung genozidale Gräueltaten. Über 5.000 Êzîden sollen ersten Angaben der UN zufolge massakriert worden sein, bis zu 7.000 Frauen, Mädchen und Kinder wurden verschleppt und in die Sklaverei gezwungen. Etwa 420.000 Êzîden mussten aus ihren Siedlungsgebieten flüchten.

© ÊzîdîPress, 27. April 2015