http://www.w-z-o.org/
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Moskau (Russland) – Kürzlich wurde in der kurdischen Stadt Afrin im Norden Syriens (Westkurdistan), eine Zarathustra-Statue als Geschenk an die Êzîden der Region übergeben. Dies löste eine große Protestwelle unter den Êzîden weltweit aus, auch die Êzîden aus Syrien äußerten sich kritisch dazu. Und wieder wurde die Thematik um die Verbindung der Êzîden mit den Zoroastriern aufgerollt. Bezüglich dieser Thematik wandte sich unsere Redaktion aus Russland an „The World Zoroastrian Organisation“ und ihrem Vertreter Herr Bachmann in Russland, der sich wie folgt dazu äußerte:

„Soweit ich weiß, gehört die Mehrheit der Kurden in Afrin dem sunnitischen Islam an. Wenn jemand Zoroastrier werden möchte, ist er herzlichst willkommen. Es wird zu guten Gedanken, guten Taten und guten Worten führen. Unter den Kurden hat sich der zoroastrische Gedanke allmählich verbreitet. Diese haben aber eine ganz eigenes Verständnis von der zoroastrischen Religion, es hat mehr mit Patriotismus zutun, der manchmal groteske Formen annimmt, und sie versuchen den Zoroastrismus für ihren Patriotismus zu missbrauchen und so nutzen sie auch das Êzîdentum für ihre Propaganda, das sie als zoroastrische Strömung darstellen und das sehr kontinuierlich. Sie wollen eine Verbindung zwischen dem Zoroastrismus und ihrer Tradition herstellen. Objektive betrachtet ist aber klar, dass das Êzîdentum und der Zoroastrismus zwei verschiedene Religionen mit unterschiedlicher Herkunft und Wurzel sind, die aber gewisse Parallelen aufweisen, die jedoch nicht überbewertet werden dürfen. Man versucht damit, zurück zum iranischen Volksglauben zurückzukehren, um die schiitischen Iraner und Tadschiken aber auch um eine Typologie der Religion zu schaffen und diese daran zu binden.“

Herr Shahpur Captain
Herr Shahpur Captain

Sind die Êzîden also Zoroastrier? Wir haben diese Frage weitergereicht an den Vorsitzenden der Weltorganisation der Zoroastrier Herrn Shahpur, der uns versicherte, dass die Êzîden keine Zoroastrier sind. Er empfahl uns, mit Herrn Farrokh Vazhifdarom zu sprechen.

Herr Farrokh V. wurde 1939 in einer Priesterfamilie der Zoroaster in Mumbai (Indien) geboren. Er ist einer der renommiertesten Wissenschaftler weltweit, wenn es um die Zoroastrische Religion geht. Er war einst Vizepräsident der Royal Asiatic Society of Great Britain und Irlandin deren Reihen renommierteste Experten und Wissenschaftler arbeiten.

Herr Farrokh V. erklärte ÊzîdîPress gegenüber: „Diese Frage wurde mit höchster Priorität vor einigen Jahren ausführlich diskutiert. Noch bei einem der letzten Seminare der Weltorganisation der Zoroastrier in London, war diese Frage eines der zentralen Themen. Ich möchte nochmal betonen, dass die Êzîden keine Zoroastrier sind. Die Religion der Êzîden basiert und gleicht heute mehr den abrahamitischen Religionen. Einige Bräuche und Traditionen der Êzîden haben entfernte Ähnlichkeiten mit denen des frühen Zoroastrismus im Westen (des Iran). Aufgrund dieser Ähnlichkeiten lassen sich einige Menschen dazu verleiten, zu behaupten das Êzîdentum sei eine Abspaltung des Zoroastrismus. Dies ist jedoch nicht richtig. Solche Aussagen sind unverantwortlich. Die Êzîden überliefern ihre Traditionen mündlich. Ihre Hauptsprache ist die kurdische Sprache Kurmancî, die Sprache unserer religiösen Überlieferungen hingegen ist das Avesta bzw. Pazend. Êzîden kennen die Tradition der Beschneidung, wir nicht. Das Êzîdentum ist auch keine missionarische Religion, im Gegensatz dazu kann jeder Mensch Zoroastrier werden. Bei diesen oberflächlichen Vergleichen sollte man stets mit Vorsicht vorgehen, weil es sich um eine andere Religion handelt. Wenn Êzîden behaupten, sie seien Zoroastrier, dann scheint dahinter ein politisches Interesse gegeben zu sein. Diese Interessen sollten daher analysiert werden, bevor falsche Schlussfolgerungen gezogen werden.“

Wir möchten unsere Leser daran erinnern, dass Mobed Firuz Azargoshasp, Wissenschaftler auf dem Gebiet des Zoroastrismus aus dem Iran und Autor mehrerer Werke, zu dieser Thematik sagte, dass „die Êzîden ihren Ursprung zwar im Iran haben, aber keine Zoroastrier sind, weil einige ihrer Dogmen unseren Dogmen widersprechen“.

Diese Aussagen werden auch von êzîdîschen Wissenschaftlern und Theologen bestätigt, demnach die Êzîden keine Zoroastrier sind. Hierfür empfehlen wir die Werke von Dr. Khalil Cindî, Pîr Xidir Silêman, Prof. Kerim Amoev und des êzîdîschen Theologen Pîr Dima Pîr Bahrî.

Wir haben also gesehen, dass die Êzîden keine Zoroastrier sind und daher keine zoroastrische Symbole ihr Eigen nennen sollten. Wir hoffen, nachdem wir nun die Zoroastrier selbst zu Wort haben kommen lassen, dass diese sinnlose Diskussion ein Ende findet. Die Zoroastrier teilen mit den Êzîden ein gemeinsames Schicksal, deren humane Religion vor denselben Problemen steht, wie die êzîdîsche. Es ist daher wichtig, keine weitere Probleme dort zu schaffen, wo eigentlich keine sind, damit das Wesentliche nicht aus dem Fokus verloren geht. Das gilt vor allem für die Êzîden.

êzîdîPress, 23.05.2014